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Wer hätte nicht schon einmal davon geträumt, eine Zeitreise in die Vergangenheit zu machen? Was würde man wohl alles verändern wollen? Was würde man dabei eventuell neu entdecken können? – Aber sind solche Gedanken nicht eigentlich rein fiktional? Nun, aus wissenschaftlicher Sicht sind Zeitreisen tatsächlich nicht ausgeschlossen! Mehr noch: sie sind sogar längst möglich!
Allerdings nur in ganz bestimmter Hinsicht, nämlich, wenn es um Reisen durch oder in die Geschichte geht. Erhaltene historische Artefakte, Dokumente, Handschriften und Drucke, Bücher und Musikalien etc. sind allgemein die Quellen unseres Wissens von der Vergangenheit und deren Erforschung fördert immer wieder neue, bislang unbekannte Fakten oder vergessene Namen und Werke zu Tage. Nicht selten können derartige Nachforschungen dann auch die Gegenwart in einem neuen Licht erscheinen lassen. Oder z.B. unser gegenwärtiges Spektrum an Klangvorstellungen erweitern. Wie etwa durch die zwei von den Mitgliedern des neu gegründeten Ensembles Bawandi Trio – Mario Häring (Klavier), Alexandre Castro-Balbi (Violoncello) und Patrick Hollich (Klarinette) – quasi wiederentdeckten und frisch auf CD eingespielten Musikstücke aus der Spätzeit des langen 19. Jahrhunderts.
Das 1905 erschienene, elegisch-nostalgische Trio in g-moll op. 45 des deutschen Komponisten und Musikpädagogen Robert Kahn (1865-1951) stellt einerseits eine äußerst elegante Mischung aus typischen Merkmalen deutscher Romantik (d.i. liedhafte Melodik, raffinierte Kontrapunktik, farbenfrohe Harmonik mit 'würzigen' oder 'schmerzerfüllten' Dissonanzen) sowie 'klassischer' Formstrenge (u.a. folgen die Sätze dem traditionellen Schema schnell – langsam – schnell) dar. Andererseits hat der Komponist hier neben aller handwerklichen Meisterschaft einen unverkennbaren Personalstil ausgeprägt. Hinein in die Welt der Romantik à la française zieht uns schließlich das groß angelegte Trio in B-Dur op. 29 (1887) des Franzosen Vincent d’Indy (1851-1931), der ein bedeutender Schülers César Francks war. Mit ausdrucksvollen Satztiteln (Ouverture, Divertissement, Chant Elégiaque, Final) versehen, besticht das Werk insbesondere durch humorvolle rhythmische Kombinationen und kunstfertige Nachahmungen von „chansons populaires“.
Zu Lebzeiten der Komponisten noch geliebt und gefeiert, gerieten die beiden Werke später leider weitgehend in Vergessenheit. Im Falle Robert Kahns hing dies nicht zuletzt mit dem Umstand seiner jüdischen Abstammung zusammen: die Nationalsozialisten zwangen ihn in den 1930er Jahren zur Emigration. Auf dem ersten Album des Bawandi Trios (am 27.03.23 bei CPO erschienen) findet nun allerdings eine Art Wiederbelebung statt. Ein ausgezeichnetes Debüt, das dem Hörer wahrlich eine musikalische Zeitreise in den spätromantischen Alltag mit seinem ganzen Facettenreichtum ermöglicht.