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Konzerttournee: „Prologue“ – Brittens Serenade für Tenor, Horn und Orchester; Schuberts Symphonien Nr. 4 und 7 („Unvollendete“)
Als Benjamin Britten am 15. Oktober 1943 der Uraufführung seiner Serenade für Tenor, Horn und Orchester op. 31 im Londoner Wigmore Hall beiwohnte, wusste er noch nicht, dass er sich direkt vor einem neuen Karriere-Abschnitt befand. Im Januar 1944 begann er, ein Werk zu komponieren, das 1945 mit großem Erfolg uraufgeführt wurde: Peter Grimes op. 33. Hiermit wandte er sich zum ersten Mal der Oper zu, jener Gattung, die bald einen zentralen Platz in seinem Schaffen einnehmen sollte. Die Serenade wurde insofern zu einer Art Prolog, die dem Inhalt des nächsten Kapitels seines künstlerischen Lebens voranstand. Von seinem Schöpfer seinerzeit als „unwichtiger, aber recht angenehmer Stoff“ charakterisiert, weist das Stück eine bemerkenswerte Struktur auf. Sechs aufeinander folgende Vertonungen von Texten englischer Dichter sind hier durch zwei mit „Prolog“ und „Epilog“ betitelte Hornsoli eingerahmt.
Im November 2022 steht Brittens spezieller Vokal-Instrumental-Zyklus nun im Mittelpunkt eines vom Mahler Chamber Orchestra initiierten Projektes. Bezeichnenderweise unter dem Leitwort Prologue wird das renommierte Orchester in vier großen europäischen Städten bzw. Konzertsälen – d.i. im Konzerthaus Dortmund (6.11.), in der Berliner Philharmonie (7.11.), im Wiener Musikverein (8.11.) und in der Hamburger Elbphilharmonie (9.11.) – auftreten. Bezeichnenderweise – denn auch für das Ensemble selbst stellt diese Konzerttournee einen Prolog zu einem neuen Kapitel dar. Für die Zukunft plant man nämlich eine enge Zusammenarbeit (auf regulärer Basis) mit der Dirigentin Joana Mallwitz, Europas derzeit jüngster Generalmusikdirektorin. Für Mallwitz wiederum ist die Kooperation mit dem Mahler Chamber Orchestra sicherlich ihrerseits ein willkommener Auftakt zu einem neuen und zweifellos bedeutenden Abschnitt in ihrer Karriere: Ab der Spielzeit 2023/2024 fungiert sie als künstlerische Leiterin des Konzerthausorchesters Berlin.
Den Tenorpart bei Britten übernimmt mit dem Tenor Andrew Staples übrigens ein Absolvent der Benjamin Britten International Opera School. Bei der Besetzung des Solo-Horns greift das Mahler Chamber Orchestra im gegebenen Fall gerne auf den „orchestereigenen“ Hornisten José Vicente Castelló zurück. Das musikalische Programm erhält seine Abrundung sodann durch zwei Symphonien von Franz Schubert, einerseits der „Unvollendeten“ (Nr. 7 h-Moll D 759) und andererseits der „Tragischen“ (Nr. 4 c-Moll D 417). Hierbei schließt sich allerdings ein weiterer Kreis. Es war tatsächlich Schuberts „Unvollendete“, die Joana Mallwitz bei ihrer Entscheidung zu Gunsten einer professionellen Dirigentinnenlaufbahn entscheidend motivierte. So notierte die damals 13-jährige in ihre Studienpartitur: „Das ist hoffentlich das erste Stück, das ich später dirigieren werde.“ Dieser Wunsch wird sich nun allemal erfüllen.