Klare Kommunikation im Klinikalltag

Personalmangel, Fluktuation und Zeitdruck prägen den Krankenhausalltag. Nicht selten resultieren daraus Missverständnisse und Konflikte. Um dies zu ändern hat die Funk Stiftung ein Projekt unter dem Titel: Klare Kommunikation im Klinikalltag! – Optimierung der professionellen Kommunikation im Krankenhaus. Entwicklung und Evaluation eines betriebsinternen Trainingskonzeptes für Ärzte und Pflegepersonal“ gefördert. Gemeinsam mit der Universität Hamburg und der Humboldt-Universität zu Berlin wurde das Projekt erfolgreich durchgeführt.

Durch Mängel in der professionellen Kommunikation, wie z.B. unbemerkte Missverständnisse, unzureichender Informationsfluss, diffuses Fehlermanagement, emotionale Eskalation und Beziehungsstörungen, entstehen menschliche und materielle Risiken, die die erfolgreiche Behandlung der Patient*innen gefährden. Man kann annehmen, dass sich durch diese Mängel die Wahrscheinlichkeit von kritischen Ereignissen, Regelverletzungen und Behandlungsfehlern erhöht. Sie wirken in der Regel indirekt auf den Behandlungserfolg ein, indem Sie beispielsweise die Entstehung von Behandlungsfehlern begünstigen. Überdies sind Mängel in der professionellen Kommunikation sowie deren Auswirkungen schlecht erforscht.

Auf dieser Grundlage entschied das Projektteam der Universität Hamburg und der Humboldt-Universität zu Berlin ein Trainingskonzept für die Schulung von Ärzt*innen und Pflegepersonal zu entwickeln, welches über die Etablierung einer risikomindernden Kommunikationskultur im Krankenhaus zur Qualitätsverbesserung in der Versorgung von Patient*innen beiträgt.

Das auf Basis von Befragungen von Ärzt*innen, Pflegekräften, Hebammen und Therapeut*innen basierte Trainingskonzept umfasst verschiedene Arten der Kommunikation: zwischen Ärzt*innen und Pflegepersonal, innerhalb der Gruppe der Ärztinnen und Ärzte sowie von Pflegekraft zu Pflegekraft. Es gilt hierfür risikoreiche Situationen – sprich Situationen, in denen kein effizienter Informationsaustausch gelingt, Regeln und Absprachen nicht eingehalten oder Konflikte zwischen einzelnen Personen, Berufsgruppen oder Abteilungen ausgetragen werden – zu identifizieren.

Um die Kommunikationskultur effektiv zu verbessern, finden die einzelnen Trainingseinheiten idealerweise in einer klinischen Abteilung statt, also mit Teilnehmenden, die regelmäßig zusammenarbeiten. Die Ziele des Trainingskonzepts sind:

 

  • Sensibilisierung für und Identifikation von risikoträchtigen Kommunikationssituationen im Klinikalltag
  • Ausgewogenheit von zwischenmenschlicher Sensibilität sowie Sach- und Rollenklarheit in der Kommunikation
  • Vermeidung von Missverständnissen
  • Aufbau von Feedback- und Kritikfähigkeit
  • Vermittlung von Strategien zur Bewältigung von Konflikten und Beziehungsstörungen

 

In der ersten Phase des gemeinsamen Forschungsprojektes wurde zunächst eine Literaturrecherche und Interviews mit Akteur*innen in den relevanten Bereichen des Klinikalltags durchgeführt, um den derzeitigen Stand der Forschung zu erkennen, die tatsächlichen Schwierigkeiten in der Praxis zu erfahren und ein erstes Trainingskonzept zu entwickeln. In der zweiten Phase galt es eine Pilotstudie zur Erprobung des erarbeiteten Trainingsprogramms durchzuführen. Ziel war hierbei die Erstellung eines Trainingshandbuchs, welches mit dem erstellten Trainingskonzept einher geht und die problemfreie Adaption des Konzepts in weiteren Krankenhäusern gewährleisten soll. Weiterhin galt es die in der Pilotstudie gesammelten Erfahrungen für die Finalisierung des Projektes zu evaluieren, um die Wirkung und Praktikabilität des Trainings sicherzustellen.

Neben dem Trainingshandbuch konnte durch die onlinebasierte „Toolbox Kommunikation“ eine Transfer- und Vertiefungshilfe geschaffen werden, die auch nach dem eigentlichen Training die Teilnehmenden und alle Interessierte im Alltag unterstützen kann. 

Dahinzukommend wurde durch die Pilottrainings und das Feedback der Zielgruppen erkannt, dass es einen hohen Mehrwert stiften würde eine flexiblere Einsatzmöglichkeit des Trainings zu entwickeln. Ein umfassendes interprofessionelles Training ist vor allem im Krankenhausbereich eine schwierige organisatorische Aufgabe und durch eng getaktete Arbeitspläne und die Anforderungen des Klinikalltags fast nicht umsetzbar. Dementsprechend wurden anpassungsfähige Einsatzszenarien entwickelt, sodass Interessierte auch nur einzelne, zusammenpassende Module in kürzeren Trainings durchnehmen können. Das Training „Klare Kommunikation im Klinikalltag!“ kann dementsprechend in drei Varianten durchgeführt werden, je nach den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Interessierten.

Dr. Alexander Klein, Repräsentant der Funk Stiftung, kommentiert: „Nach Jahren der Prozessoptimierung tritt nun - auch aufgrund einer immer enger werdenden Personalsituation - der Mitarbeitende in den Vordergrund. Der berufsgruppenübergreifende Ansatz des Trainings mit Fokus auf den Klinikalltag und gerade nicht „nur“ auf die konkrete Notfall- oder Reanimationssituation machen das entwickelte Training so wertvoll, wichtig und nachhaltig.“

„Das Thema Kommunikation und zwischenmenschliche Zusammenarbeit hat im Arbeitskontext eine sehr hohe Bedeutung. Die Auswirkung auf die psychische und körperliche Gesundheit sowie die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten ist gut bestätigt. Im klinischen Alltag haben diese Faktoren darüber hinaus besondere Bedeutung, da sie - wenn sie nicht gelingen - ein Risiko für die Patientensicherheit darstellen. Ein erprobtes und evaluiertes Kommunikationstraining ist somit ein wichtiger Schritt für Forschung und Praxis.“, so Prof. Dr. Annekatrin Hoppe, Projektleiterin der Humboldt-Universität zu Berlin.

Die Ergebnisse des Projekts „Klare Kommunikation im Klinikalltag!“ sind kostenfrei über die Webseite des Lehrstuhls für Occupational Health Psychology der Humboldt Universität zu Berlin unter: https://www.psychology.hu-berlin.de/de/prof/arbpsy/praxis/klarkomm verfügbar.